Date : 06/09/2015

Design Basics für Wissenschaftler

Das Institut für Meeresforschung MARUM in Bremen hat mich eingeladen, einen Workshop Design-Grundlagen für eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Disziplinen durchzuführen. Die Kommunikation wissenschaftlicher Inhalte stellt hohe Anforderungen an die Gestaltung, die nicht mal eben so zu erfüllen sind. Es genügen jedoch häufig schon wenige Basiskonzepte, um zu signifikant besseren Ergebnissen zu gelangen. Genau darum wird es bei diesem Workshop gehen.

Naturwissenschaftler publizieren auf Konferenzen ihre Forschungsergebnisse als Poster. Dabei sehen sich vor die anspruchsvolle Aufgabe gestellt, große Mengen Text sowie zahlreiche Bilder und Grafiken in eine gut lesbare und für den Betrachter motivierende Form zu bringen. Dass dies in den wenigsten Fällen gelingt, ist an den Beispielen rechts gut zu erkennen. Die viel zu hohe Informationsdichte, bei der die Seitenelemente eng gedrängt nebeneinander stehen, die Reihenfolge unklar und die Zuordnung von Texten zu Bildern nicht eindeutig ist, frustriert auch das Fachpublikum, das mit den Inhalten gut vertraut ist.

Interessanterweise nutzt die gesamte internationale Wissenschaftsgemeinde für das Posterdesign die Präsentationssoftware PowerPoint. Wer jetzt ungläubig stutzt, tut dies mit Recht, dennoch: es ist tatsächlich so, und es gibt sogar gut gemeinte Video-Tutorials auf YouTube dazu. Doch PowerPoint wurde nicht für solche Aufgaben entwickelt und ist dafür auch denkbar ungeeignet. Man sieht den Postern deutlich die Layoutvorgaben des Programms an; besonders auffällig ist die häufige Ausrichtung von Text an der Mittelachse. Aber der Hauptgrund für das unvorteilhafte Design ist natürlich die gestalterische Unerfahrenheit der weitaus meisten Wissenschaftler.

Nur wenige Wissenschaftler verfügen über eine Layoutsoftware wie InDesign; von den Office-Programmen eignet sich m. E. aber Word für die Gestaltung eines Posters besser als PowerPoint. Die Entscheidung für die Präsentationssoftware begründet – wie ich später erfahren habe – das Limit der Seitengröße in Word: Formate ab DIN A1 werden nicht unterstützt. Die Lösung besteht natürlich darin, ein Poster in A2 anzulegen und in A1 auszugeben. Das geht problemlos, solange man bei der Auflösung platzierter Bilder die spätere Ausgabegröße berücksichtigt. Leider fehlt häufig das erforderliche Basiswissen über die Eigenheiten von Schrift-, Pixel- und Vektordateien. Das freie Positionieren von Objekten auf einer Dokumentseite ist in Word zwar wirklich gewöhnungsbedürftig und in PowerPoint besser gelöst, doch insgesamt bietet Word gerade für die textlastigen Poster umfangreichere und bessere Funktionen.

Da heute in praktisch allen Berufen mit visuellen Mitteln kommuniziert wird, gehört die Vermittlung von Basiswissen in Typographie und Gestaltung eigentlich auch in jede Ausbildung, ob betrieblich oder akademisch. Leider wird dieses Wissen immer noch zu häufig als überflüssig, bestenfalls als Nice-to-have angesehen.

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