Thema: Bild | Körper | Narration
In allen Kulturen formieren Bild, Körper und Erzählung ein komplexes Gewebe, in dem sich Gesellschaften ihrer Vergangenheit vergewissern und in die Zukunft hinein entwerfen; ein Spannungsfeld, in dem sich Macht artikuliert, sich kollektive und individuelle Identitäten bilden, aber auch die Grenzen des Sag- und Sichtbaren laufend neu verhandelt werden.
Bild
Mit dem von Gottfried Boehm und W.J.T. Mitchell 1994 ausgerufenen »iconic turn« / »pictorial turn« wurden die Bildwissenschaften als »interdisziplinäres Projekt« (Belting) oder »integratives Forschungsprogramm« (Sachs-Hombach) begründet, welches Bildpraktiken in so weit voneinander entfernten Bereichen wie Archäologie, Soziologie, Mathematik, Medizin und Kunst u.v.m. untersucht. In dem Seminar werden anhand zentraler Texte Gemeinsamkeiten und Unterschiede von visuellen Bildern, Sprachbildern und Vorstellungsbildern aufgezeigt sowie Bildkonzepte in Kunst, Kommunikation und Wissenschaft vorgestellt.
Körper
Dem Körper als Träger des Lebens kommt überall zentrale Bedeutung zu. In der abendländischen Kultur steht die Verehrung des Körpers einer nicht minder intensiven Verachtung gegenüber. Wo man auf der einen Seite Schönheit und Kraft des (jugendlichen) Körpers preist, wird er auf der anderen Seite als unrein und sündig verdammt. Für viele gesellschaftliche Bereiche dient der Körper zudem als Modell: Staatsgebilde werden nach seinem Vorbild entworfen, bei der Konstruktion von Maschinen orientiert man sich an der Funktionsweise von Skelett, Organen und Sinne. Schließlich wirken die Maschinen auf den Körper, der so augenscheinlich dem Verfall preisgegeben und in vielerlei Hinsicht unvollkommen ist, zurück: man versucht ihn nach dem Vorbild der Maschine zu optimieren. Vertreter des Transhumanismus träumen von einem technologisch erweiterten Körper, während Wissenschaftler wie Kevin Warwick den Körper, den er als Gefängnis bezeichnet – eine antike Vorstellung –, sogar ganz abschaffen wollen, um als befreite Geistwesen zu existieren.
Visuelle Narration
In diesem Seminar geht es um Möglichkeiten und Grenzen des Erzählens mit Bildern. Es werden die gestalterischen Mittel analysiert, mit denen erzählerische Inhalte sowohl im Einzelbild wie auch in statischen und dynamischen Bildsequenzen (Bilderserie, Graphic Novel, Film) umgesetzt werden. Die theoretische Grundlage liefern Texte der Narratologie, Wahrnehmungspsychologie, Bildwissenschaft, Semiotik sowie Comic- und Filmtheorie. In praktischen Übungen wird das erworbene Wissen zur Anwendung gebracht und Ansätze zu einer eigenen Methode visueller Narration entwickelt. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Darstellung des menschlichen (und anthropomorphen) Körpers.
Ästhetik des Pathologischen
Als Ziel der Kunst galt jahrhundertelang das Schöne. Daneben oder darunter existierte immer schon eine Strömung, die alles thematisierte, was vom Diktat des Schönen ausgeschlossen wurde. Die großen Kategorien des Abseitigen sind das Hässliche, das Kranke, das Böse. Man kann die Begriffe fast synonym verwenden, so groß sind ihre Überschneidungen: das Hässliche ist so krank wie das Kranke hässlich. Das Böse ist hässlich und das Kranke böse. Seit der Romantik tritt das Abseitige und Verdrängte in den Vordergrund des künstlerischen Schaffens und wird sogar zur innovativen Kraft. In Kombination mit dem Zufall – der auch schon hässlich ist, weil er sich nicht in das Ideal einer geordneten Welt einfügt – werden Abfall, Müll und Reste gegen alles Wohlgeformte zum bevorzugten Material der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Anhand ausgewählter Texte und – natürlich – Kunstwerke werden die vielfältigen Verbindungen zwischen dem Kranken (als allgemeinem Unwertbegriff) und der Kunst untersucht.
Thema: Kunstwissenschaft & Theorie der Gestaltung
Gestaltung ist eine allgemein menschliche Tätigkeit, deren gesellschaftliche Aufgabe und Bedeutung dem kulturgeschichtlichen Wandel unterliegt. Aus einer kulturwissenschaftlichen Perspektive werden die Möglichkeiten untersucht, wie Designer die historisch-gesellschaftliche Wirklichkeit in der ästhetischen Arbeit kritisch reflektieren, analysieren und transformieren können.
Grundlagen der Gestaltung
Unter Gestaltung kann man eine Aufgabe verstehen, mit visuellen Mitteln bestimmte Aussagen oder Inhalte zu kommunizieren. Die Methoden, mit denen die einzelnen Elemente wie Text, Bild & Grafik zu einem sinnvollen Ganzen angeordnet werden, bilden die Grundlagen der Gestaltung. Das eigentliche Rohmaterial, wenn man so will, sind aber nicht Text, Bild & Grafik, sondern Farbe, Form & Struktur. Im Wesentlichen ist es ein Konzept, auf dem die gesamte Gestaltung basiert, dem Kontrast. »Unsere Harmonie«, schreibt Kandinsky, »ruht hauptsächlich auf dem Prinzip des Gegensatzes, dieses zu allen Zeiten größten Prinzips der Kunst.« (Kandinsky 2004:113) In einer ausgewogenen Komposition sind Faktoren wie Form, Richtung und Anordnung alle gegenseitig so festgelegt, daß keine Veränderung möglich scheint und das Ganze in all seinen Teilen den Charakter der ›Notwendigkeit‹ annimmt (Arnheim 2000:24).
Das Groteske im Bild
Folgt man dem russischen Literaturwissenschaftler Michail Bachtin, so hat der »groteske Modus der Darstellung des Leibes und des leiblichen Lebens […] die Kunst, einschließlich der Wortkunst, jahrtausendelang [beherrscht].« (Bachtin 1969: 18) In seiner bekanntesten Form verbindet das Groteske verschiedene Wesen zu einem. Dabei entstehen nicht nur Mischwesen aus Mensch und Tier, es werden auch Menschen mit Pflanzen oder Dingen kombiniert. Zwar hat Bachtin ein Ende des grotesken Leibes mit der Renaissance angesetzt, das Konzept des Grotesken hat sich doch erhalten, wobei es sich besonders seit der Romantik stark gewandelt hat. Und so ist das Groteske als wichtige Ausdrucksform auch heute in sämtlichen künstlerischen Disziplinen vertreten, ja geradezu allgegenwärtig. Das Seminar führt in die Theorie und Geschichte des Grotesken ein und untersucht dessen Formen in Kunst und Design des 20. und 21. Jahrhunderts.
The Quay Brothers: Das Kunstwerk als Universum
Am Beispiel der amerikanischen Filmemacher, Bühnenbildner und Designer The Quay Brothers wird eine Praxis vorgestellt, die aus einer Vielzahl von Inspirationsquellen schöpft, um daraus ein komplexes künstlerisches Universum zu gestalten. Die Quay Brothers erhielten 1986 mit der Stop-Motion-Produktion Street of Crocodiles internationale Anerkennung. Heute bilden animierte Kurzfilme den Kern eines umfangreichen Werks, in dem die Quays Zeichnung, Kalligraphie, Animation, Realfilm, Tanz und Musik miteinander verbinden. In den vergangenen fast vier Jahrzehnten produzierten sie Musikvideos, Werbespots, Essayfilme, Dokumentationen und zwei Langfilme, gestalteten Buchtitel und entwarfen Bühnenbilder für zahlreiche Theater- und Tanzproduktionen. In allen Projekten sind Figuren, Interieur, Dekor, Beleuchtung, Bildkomposition und Musik minutiös aufeinander abgestimmt, und die Quays übernehmen sämtliche Aufgaben selbst.
Was ist Kitsch?
Kitsch ist ein Kampfbegriff; wer einmal damit identifiziert wurde, gilt als kontaminiert und wird aus der Kunst verbannt. Mit Kitsch verbinden sich Vorstellungen des Gefühligen und Sentimentalen; die Vorwürfe reichen von Dummheit, Klischee bis zu Effekthascherei und Täuschung; Kitsch ist niedrig, klein und provinziell. Nobert Elias spricht von »Dienstmädchengefühl«, Immanuel Kant von »Reiz und Rührung«, Ludwig Giesz erkennt eine »dumpfe Privatheit«, welche sich bei Hans-Dieter Gelfert noch zur »Xenophobie« steigert. Wann und aus welchem Grund sind Menschen auf die Idee gekommen, bestimmte ästhetische Erzeugnisse als Kitsch abzuwerten? Wieso hat man die gesamte populäre Kultur unter Kitschverdacht gestellt? Und wie verhalten sich Kitsch und Design bzw. Kitsch und Illustration zueinander?