Rezension zu Michael Glasmeier (Hg.), Strategien der Zeichnung. Kunst der Illustration
Hang zum Unspektakulären
In den Jahren 2012 und 2013 lud der Kunstwissenschaftler Michael Glasmeier acht Künstlerinnen und Künstler ein, um an der Hochschule für Künste Bremen unter dem Titel Strategien der Zeichnung. Kunst der Illustration gemeinsam über das Verhältnis von Zeichnung und Illustration zu diskutieren. Im vergangenen Jahr erschien der dazugehörige Tagungsband im Hamburger Textem Verlag.
In seinem Buch Der sichtbare Mensch stellte der Regisseur, Autor und Theoretiker Béla Balázs 1924 fest: »Noch nie ist eine Kunst groß geworden ohne Theorie«. Bei dem Buch handelt es sich um eine der ersten Filmtheorien, und Balázs, der der neuen Kunst zu einer »Vertretung« im »ästhetischen Parlament« verhelfen wollte, war überzeugt, dass es dazu einer theoretischen Grundlage bedarf. Er sollte Recht behalten. Was dem Film gelang, blieb der Illustration bis heute verwehrt. Trotz ihrer vielfältigen Erscheinungsformen von der Gebrauchsanweisung bis zur Karikatur, von der Modezeichnung bis zum Character Design, von der Buchillustration bis zum Computerspiel sowie steigender Beliebtheit als Studienfach, rangiert die Illustration weit abgeschlagen auf den hintersten Rängen des Designs.
Der wissenschaftliche Diskurs über Illustration kann mit Recht als nicht vorhanden bezeichnet werden. Selbst wenn seit Entstehung der Bildwissenschaften vermehrt illustrative Bildformen in den akademischen Fokus geraten, so geht es dabei doch fast immer um (natur-)wissenschaftliche oder diagrammatische Bildpraktiken. Auf dem eigentlichen künstlerischen Feld der Illustration, der visuellen Narration, wird sie indes gar nicht beachtet. Und das, obwohl dem Thema Erzählung in den letzten Jahren ein akademischer, kulturwirtschaftlicher und – zögerlicher aber spürbar – auch künstlerischer Höhenflug beschieden war. Man denke allein an die boomende Graphic Novel und den Animationsfilm. Gelegenheiten und Aufmerksamkeit gäbe es also reichlich. Weshalb man nicht nur in dem 2010 von Alexander Honold und Ralf Simon herausgegebenen Band Das erzählende und das erzählte Bild vergeblich nach auch nur einem Beispiel sucht, bleibt daher unverständlich.
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